Riesen-Heizkörper unter der Erde

Von Sabine Friedrich
(Quelle: "Die Stimme", 20 Oktober 2012)

Wüstenrot - Mit dem Schwert gräbt der Vibrationspflug das grüne, fünf Zentimeter dicke Kunststoffrohr unter. In 30 Minuten ist eine 200 Meter Furche fertig. Rund 50 Zuschauer sind am Freitagabend Zeugen einer neuen Technologie: der großflächigen Erschließung von Erdwärme auf 1,5 Hektar.

 

Wüstenrot - Der Lärm ist ohrenbetäubend, die Maschine rüttelt gewaltig. Mit dem Schwert gräbt der Vibrationspflug das grüne, fünf Zentimeter dicke Kunststoffrohr unter. In 30 Minuten ist eine 200 Meter Furche fertig. Die rund 50 Zuschauer auf den Wiesen oberhalb des Wüstenroter Freibads sind am Freitagabend Zeugen einer neuen Technologie: der großflächigen Erschließung von Erdwärme auf 1,5 Hektar.

Die Agrothermie für die Energie-Plus-Siedlung "Vordere Viehweide II" ist ein Mosaikstein im bundesweit einmaligen Forschungsprojekt Envisage, "Wüstenrot 2020 - energieautarke Gemeinde", das die Hochschule für Technik Stuttgart koordiniert und der Bund mit 3,2 Millionen Euro fördert. Die Hälfte entfällt auf die Kommune. Ziel ist nicht nur, dass für Wüstenrot geforscht und geplant wird, wie der eigene Bedarf an regenerativen Energien erzeugt, vor Ort gespeichert, verbraucht und der Überschuss ins Stromnetz eingespeist werden kann. Das Konzept soll ein Fahrplan für andere Kommunen werden.

Drei Jahre lang hat die Firma Doppelacker - der Name ist Programm - mit wissenschaftlicher Unterstützung die Montagetechnik entwickelt. Das Besondere: Der Boden muss nicht aufgegraben werden. "Das bedeutet eine enorme Kostensenkung", sagt Jürgen Kluge, zuständig für Finanzen und Entwicklung im Berliner Ingenieur-Büro. Die Erschließung kostet rund 280 000 Euro. Die 4400 Meter Kollektoren, die mit einem Wasser-Glykol-Gemisch gefüllt werden, kommen in zwei Meter Tiefe. "Das war eine gewaltige Hürde", so Kluge.

Muster

Die einzelnen Stränge werden mit Sammelrohren im Kopfgraben verbunden, es entsteht ein Muster eines Riesen-Badeheizkörpers unter der Erde. "Die Agrothermie liefert erwärmtes Wasser (fünf bis 15 Grad Celsius) an die Wärmepumpe im Haus, das über eine Flächenheizung beheizt oder gekühlt wird", erläutert Thomas Löffelhardt, Projektleiter der Gemeinde. Welche Auswirkungen die thermische auf die landwirtschaftliche Nutzung hat, wird nun untersucht.

© Doppelacker GmbH